Warum bekomme ich meine narzisstische “Ex-Ehe” nach über 8 Jahren seit meinem Austausch sowie die Entfremdung des Kindes nicht aus dem Kopf? Teil 1

Auch dieses Frage, wie alle anderen auch, wurde schriftlich an mich gestellt. Auch sie betrifft das übergeordnete Thema „seelische Verarbeitung“.

Das Prinzip der seelischen Verarbeitung

Die Seele verarbeitet („verdaut“) Kränkungen, Verluste, Verletzungen, Schocks, Traumata, also alles, was uns mehr oder weniger aus dem inneren Gleichgewicht bringt, indem sie uns darauf „herumkauen“ lässt. Das zeigt sich darin, dass Gedanken, Bilder, Erinnerungen und Gefühle immer wieder in uns aufsteigen und uns beschäftigen. Bevorzugt natürlich immer dann, wenn es um uns herum ruhig wird. Wir fühlen uns dann geradezu verfolgt von dem unverarbeiteten Thema.

Ein Beispiel

Dazu ein Alltagsbeispiel, das ich hier in meinen Blogs immer wieder anführe und es Ihnen vielleicht schon bekannt ist:
Hat uns jemand am Morgen beleidigt, so steigen die Gedanken daran immer dann in uns auf, wenn wir tagsüber gerade Leerlauf haben. Ist der Tag vollgepackt mit Aktivitäten, gibt es keine Ruhe bis zum Schlafengehen, so steigen die Gedanken an die morgendliche Frechheit unseres Mitmenschen spätestens dann in uns auf, wenn wir im Bett liegen und das Licht ausgeht. Unsere Seele denkt sich dann „Bingo, endlich habe ich die nötige Zeit und Ruhe, um das Erlebte zu verarbeiten und wieder meine innere Ordnung herzustellen“. Dann ist natürlich erst mal nix mit Schlafen. Wir wälzen uns im Bett hin und her und können nicht abschalten.

Warum ist das so? Seelische Verarbeitung findet nur im engsten Kontakt mit dem Verarbeitungsthema statt. Genau das ist auch der Grund, warum es in der Regel die trauernden Menschen zum Grab zieht. Es ist auch der Grund dafür, warum unser Mitteilungsbedürfnis ansteigt, sobald wir etwas Außergewöhnliches erlebt haben. „Geteiltes Leid ist halbes Leid“ sagt der Volksmund dazu. Denn auch im vertrauensvollen Gespräch sind wir im Kontakt mit unserem Thema und es findet Verarbeitung statt. Danach geht es uns meist besser.

Weiter zu Teil 2: Müssen wir auch schöne Erfahrungen verarbeiten?