Frage: „Kann eine lange anhaltende Traurigkeit zu einer Depression werden?“

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Diese Frage wurde schriftlich an mich gestellt. Hier die Antwort:

Traurigkeit ist Trauer

Eine Traurigkeit beziehungsweise die Trauer ist ihrem Wesen nach ein seelischer Verarbeitungsprozess. Die Frage ist, was genau betrauert wird. Wenn es sich benennen lässt, sollte die Trauer zugelassen und nicht vermieden werden. Mögliche Trigger der Traurigkeit / der Trauergefühle sollten nicht vermieden, sondern aktiv aufgesucht und die aufsteigenden Empfindungen und Erinnerungen zugelassen werden. Nur unter diesen Bedingungen findet eine Verarbeitung statt. Leider tendieren viele Menschen generell dazu, sich von schlechten Gefühlen zu distanzieren indem sie sich ablenken. Ablenkung ist aber keine Verarbeitung! Durch Ablenkung löst sich die innere Last nicht auf, sondern das unverdaute Thema wird mit sich getragen und dominiert das Leben – mitunter bis zu dessen Ende.

Wenn die Ursache im Dunkeln liegt

Lässt sich die Ursache der Traurigkeit nicht benennen, dann hat sie eine längere Geschichte. Wahrscheinlich belastet uns dann nicht das Schlechte, was wir durchleiden mussten (und daher auch klar benennen können), sondern die Trauer wird verursacht durch Gutes und Notwendiges, das uns das Leben / die Eltern nicht gegeben haben. So zum Beispiel Liebe, Fürsorge, Nestwärme, Unterstützung jeglicher Art. Etwas nicht Erlebtes lässt sich nur sehr schwer benennen, erst recht, wenn solche Entbehrungen schon sehr lange zurückliegen.

Der empfohlene Umgang damit bzw. die Verarbeitung des Mangels guter Erfahrungen unterscheidet sich nicht von der Verarbeitung der schlechten Erfahrungen. Es empfiehlt sich in beiden Fällen darüber nachzudenken, wodurch dieses Gefühl der Traurigkeit intensiviert werden könnte. Denn je intensiver es erlebt wird, desto enger ist der Kontakt zu dem Thema. Je enger der Kontakt, desto mehr heilsame Prozesse werden angeregt. Es sind viele Trigger denkbar. Es könnte ein altes Fotoalbum sein, bestimmte Musik, das Elternhaus, der Unfallort, die Schule von damals oder etwas anderes. Hat man etwas identifiziert, dann sollte man sich dem aussetzten. Klingt widersinnig, aber genau über diesen bitteren Weg kommt es zur inneren Erleichterung. Durch den innigen Kontakt zum Schmerz entsteht erst die Distanz zu ihm.

Kann eine Traurigkeit in eine Depression führen?

Eine Depression ist auch nur ein Verarbeitungsprozess. Diese innere Arbeit bindet generell viel Energie. Sind dicke Brocken zu verarbeiten, wird entsprechend mehr Energie gebunden. Mitunter so viel, dass für den normalen Lebensvollzug nicht mehr genügend Energie übrig bleibt. Das vorübergehende Ergebnis des Verabeitungsgeschehens sind dann Lustlosigkeit, Antriebsverlust, Freudlosigkeit und weitere Symptome. Diesem Symptomkomplex hat man den Namen „Depression“ gegeben. Aus Unwissenheit versetzt die Depression viele Menschen in unnötige Ängste. Sie ist aber nur ein Heilungsprozess! Ob und wann er zu seinem Ende kommt, das liegt in der Hand des betroffenen Menschen.

Ihnen alles Gute!