Grübeln als Vermeidungsstrategie
In Teil 1 habe ich dargelegt, dass das Grübeln ein natürlicher Vorgang innerhalb der Verarbeitung seelischer Inhalte ist. Daher muss alles, was uns aus dem Gleichgewicht gebracht hat, innerlich durchgearbeitet werden. Die Seele ist ein Wiederkäuer! Sie zwingt uns die Gedanken auf, lässt uns so lange darauf herumkauen bis das Thema kurz und klein ist und bis es seine Schärfe verloren hat.
Klar, dass uns gerade die schmerzvollen Erlebnisse nicht „schmecken“. Wer denkt schon gerne an eine große Enttäuschung, eine Verletzung oder an einen bitteren Verlust zurück? Wer liegt gerne nachts wach, weil der Kopf ihm keine Ruhe gibt.
Sind Sie auch ein Vermeider?
Nun sind wir alle erfindungsreich, wenn es darum geht, uns von unliebsamen Aktivitäten abzulenken. Ich lerne regelmäßig Menschen kennen, die sich mit allen möglichen Mitteln „dicht machen“, nur um nicht an schmerzliche Themen denken zu müssen. Sie vermeiden die Auseinandersetzung, den dringend notwendigen Kontakt mit dem Thema. Manche hören zur Ablenkung pausenlos Musik, Mantra-Gesänge, Hörbücher oder Podcasts, andere machen sich mit Kreuzworträtseln, Sudokus oder Lesen dicht. Hauptsache, überall, nur nicht bei sich sein.
Grübeln als Vermeidungsstrategie
Darüber hinaus gibt es Menschen, die haben ein anderes wirkungsvolles Mittel gegen das Grübeln entdeckt: das Grübeln. Sie grübeln aber natürlich nicht über ihr Thema, denn das würde zu unangenehm sein. Nein, sie grübeln über Nebenschauplätze – ihre eigenen oder die von anderen Menschen. Sie denken an die weniger wichtigen Themen ihres Lebens, nur um eine gedankliche Sperre gegen den eigenen Seelenschmerz zu errichten. Oder sie beißen sich an Belanglosigkeiten fest, machen sich unentwegt Gedanken über Menschen aus ihrem eigenen Umfeld, oder es sind Stars und Prominente, mit deren Leben sie sich beschäftigen. Es können aber auch durchaus berechtigte Themen sein, die sie einfach nicht aus dem Kopf bekommen, wie zum Beispiel soziale, politische und umweltbezogene Themen.
Woran aber ist das Vermeidungsgrübeln zu erkennen? Hier geht es zur Fortsetzung.